Zum Schadenersatzanspruch des Verpächters bei einer Rückgabe von Pachtflächen als Grünland, die als Ackerland gepachtet wurde. OLG Hamm, Urteil vom 15.11.2018.

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Agrarbetrieb 6/2019

1. Der Verpächter hat einen Schadenersatzanspruch gegen den Pächter, wenn er als Ackerland verpachtete Fläche bei Pachtende als Dauergrünland zurückbekommt.

2. Wenn ein konkreter Schaden noch nicht beziffert werden kann, hat der Verpächter wegen der abgekürzten Verjährungsfrist nach § 591 b BGB ein Feststellungsinteresse.

3. Der Schadenersatzanspruch besteht auch dann, wenn der Pächter ohne einer erforderlichen Umbruchgenehmigung den Pachtgegenstand vor Rückgabe umgebrochen, auch wenn seitens der zuständigen Behörde noch keine Rückumwandlung in Grünland verlangt wurde, eine dahingehende Verpflichtung aber weiterhin möglich ist.

OLG Hamm, Urteil vom 15.11.2018 – 1-10 U 35/18, 10 U 36/18

Der Sachverhalt

1998 verpachteten die Kläger langfristig im Pachtvertrag als Ackerland bezeichnete Fläche an die Beklagte. Die Beklagte hat einen Mutterkuhbetrieb und säte bei Vertragsbeginn die Pachtfläche mit Kenntnis des Klägers als Weide an. Diese Nutzung wurde während der gesamten 18-jährigen Vertragslaufzeit beibehalten. Hierdurch entstand der subventionsrechtliche Status als Dauergrünland, das nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde zu Ackerland umgebrochen werden darf.

Zwei Jahre vor Ablauf des Pachtvertrags verweigerten die Kläger eine Verlängerung des Pachtvertrags und verlangten zum Pachtende die Herausgabe des Pachtgegenstandes im vertragsgemäßen Zustand als Ackerland.

Beide Parteien erörterten anschließend das weitere Vorgehen mit dem Justiziar der regionalen berufsständischen Vertretung, der die Beklagte und die Kläger über die Rechtslage und das Erfordernis einer Umbruchsgenehmigung unterrichtete.

Die Beklagte brach anschließend ohne eine dahingehende behördliche Genehmigung den Pachtgegenstand unmittelbar vor Pachtende zu Ackerland um und gab die Fläche so zum 31.10.2016 an die Kläger heraus. Die Nachfolgepächter bewirtschaften seitdem den Pachtgegenstand als Ackerland.

Obwohl bislang weder gegen die Kläger noch die nunmehrigen Pächter die Rückumwandlung in Dauergrünland nach Art. 45 III VO (EU) Nr. 1307/2013, 44 II VO (EU) Nr. 639/2014 angeordnet wurde, dies aber zumindest noch bis Ende 2018 möglich wäre, erhoben die Kläger im April 2017 Feststellungsklage. Sie begehren die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der den Klägern aufgrund des ungenehmigten Umbruchs entstehen kann.

Das angerufene Landwirtschaftsgericht wies die Klage ab. Ein Schadenersatzanspruch nach § 280 I 1 BGB oder aus pVV i.V.m. §§ 568 I 3, 596 I BGB scheitere am treuwidrigen Verhalten der Kläger nach § 242 BGB. Die Kläger hätten trotz Kenntnis der Problematik eines ungenehmigten Grünlandumbruchs die Rückgabe als Ackerland verlangt und nicht von der erforderlichen Genehmigung der zuständigen Behörde abhängig gemacht.

Hiergegen legten die Kläger Berufung beim OLG Hamm ein. Sie führten dort aus, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt mit dem Vorgehen der Beklagten und dem ungenehmigten Grünlandumbruch einverstanden erklärt hätten. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil damit, dass die Kläger in Kenntnis der erforderlichen Genehmigung die Rückgabe als Ackerland verlangt haben. Sie träfe ohnedies ein Mitverschulden, da sie die Beklagte nicht zum rechtzeitigen Umbruch während der Vertragslaufzeit angehalten habe und keine Frist nach § 281 I BGB gesetzt habe. Außerdem sei weiterhin keine Ansaatverpflichtung behördlich verfügt worden, weshalb ein Schadenseintritt nicht substantiiert vorgetragen sei.

Die Entscheidung

Das OLG Hamm folgt der Berufung und stellt die Schadenersatzpflicht der Beklagten wegen des ungenehmigten Grünlandumbruchs dem Grunde nach fest. Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Feststellungsklage ist zunächst zulässig. Es liegt ein Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO vor. Die Klage ist geeignet, die drohende (kurze) Verjährung nach § 591 b BGB zu hemmen. Hierbei genügt eine auch nur entfernt möglicher Schadenersatzanspruch, der ansonsten verjähren würde.

Die Klage ist auch begründet.

Eine weiterhin mögliche Verpflichtung zur Rückumwandlung in Grünland würde einen Schadenersatzanspruch der Kläger begründen.

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH kommt ein Schadenersatzanspruch des Verpächters nach § 280 I BGB in Betracht, wenn der Pächter als Ackerland verpachtete Fläche bei Pachtende als Grünland zurückgibt. Der Pächter ist verpflichtet, durch eine entsprechende Bewirtschaftung dafür Sorge zu tragen, dass bei Pachtende keine technischen oder rechtlichen Umstände einer vertragsgemäßen Rückgabe des Pachtgegenstandes entgegenstehen. Dazu gehört auch, die Entstehung des Status als Dauergrünland von als Ackerland gepachteter Fläche durch einen rechtzeitigen und rechtlich zulässigen Umbruch zu verhindern.

Die Pflicht zur vertragsgemäßen Rückgabe von Ackerland bedeutet nicht nur den tatsächlichen physischen Umbruch des Pachtgegenstandes vor Pachtende. Vielmehr muss der Pächter auch verhindern, dass mangels einer Genehmigung für einen Umbruch der Verpächter oder nachfolgende Bewirtschafter zu einer Wiederansaat als Dauergrünland verpflichtet werden. Diese Verpflichtung droht vorliegend nach § 22 I Direktzahlungen-Durchführungsverordnung.

Auf eine Kenntnis des Verpächters oder dessen Billigung der Grünlandansaat kommt es hier nicht an. Diese Kenntnis und Billigung beziehen sich nicht auf den Verlust der Nutzbarkeit als Acker nach Pachtende.

Eine Fristsetzung nach §§ 280 III, 281 BGB war nach Rückgabe nicht erforderlich. Der mögliche Schaden des Verpächters entstand schon während der Pachtzeit durch den dauerhaften Verlust des Ackerstatus aufgrund der Änderung des EU-Förderrechts zur Dauergrünlanderhaltung.

Ein Mitverschulden der Kläger kommt nur in Betracht, wenn die Kläger während der Pachtzeit schuldhaft versäumt hätten, die Beklagte zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten. Daran fehlt es bereits deshalb, da die Kläger bei Eintritt des subventionsrechtlichen Status als Dauergrünland nicht mehr aktive Landwirte waren.

Eine Rückumwandlungsanordnung war sowohl nach § 22 I 1 Direktzahlungen-DurchführungsVO bis zum 31.12.2018, ist aber auch weiterhin nach § 17 IV 1 Ziff. 2 Direktzahlungen-Durchführungsgesetz möglich. Ein Schadenseintritt ist somit weiterhin nicht ausgeschlossen.

Auch kann den Klägern nicht der Einwand aus § 242 BGB entgegengehalten werden. Die Kläger haben weder mit der Aufforderung zur vertragsgemäßen Rückgabe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, dass auch der ungenehmigte Umbruch als vertragskonform anerkannt wird. Noch bedeutet die Einbeziehung der Kläger in die Beratung durch die berufsständische Vertretung, dass sie das nachfolgende Verhalten der Beklagten, den ungenehmigten Umbruch, gebilligt haben.

Entscheidungsanmerkungen

Von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Agrarrecht Franz-Christoph Michel, Templin

Die Entscheidung des OLG Hamm folgt konsequent der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH zum Schadenersatzanspruch bei der Rückgabe von Dauergrünland anstelle von Ackerland.

Die Entscheidung stellt klar, dass als Ackerland übernommene Pachtfläche auch als Acker und nicht nur im umgebrochenen Zustand zurückgegeben werden muss. Es darf durch das Verhalten des Pächters nicht das rechtliche Risiko bestehen, dass der Nachfolgebewirtschafter zur Wiederansaat als Dauergrünland verpflichtet wird. Ein ungenehmigter Umbruch trotz einer erforderlichen behördlichen Genehmigung ist deshalb kein vertragsgerechter Zustand. Es kommt somit nicht auf die Momentaufnahme des physischen Zustandes des Pachtgegenstandes bei Rückgabe an, sondern auch auf einen zumindest möglichen rechtlichen Mangel. Eine drohende Wiederansaatverpflichtung ist ein solcher Mangel. Realisiert sich hieraus ein Schaden, ist der Pächter dem Verpächter zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet.

Diese rechtliche Betrachtung des OLG Hamm ist im Lichte der Rechtsprechung des BGH konsequent. Ein Pächter kann sich nicht auf die Rückgabe von umgebrochenem Grünland zurückziehen und dies als vertragsgerechte Rückgabe von Ackerland deklarieren, wenn der Verlust der Ackereigenschaft aus diesem Verhalten auch in Zukunft droht. Hier liegt keine vertragliche Regelungslücke vor. Vielmehr verlangt § 596 I BGB, dass der „fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung“ als Ackerland auch keine rechtlichen Risiken entgegenstehen. Der ungenehmigte Grünlandumbruch zum Pachtende erfüllt deshalb nicht die Verpflichtung nach § 596 I BGB. Die Forderung des Verpächters nach Rückgabe von Ackerland schließt keine Erklärung ein, dass er auch die Rückgabe ungenehmigt umgebrochener Flächen als vertragsgerecht akzeptiert.

Das OLG bestätigt darüber hinaus die zutreffende Rechtsprechung des BGH, dass dem Verpächter nur in Ausnahmefällen ein Mitverschulden am Verlust des Ackerstatus trifft. Allein die Kenntnis und Duldung der Nutzung als Grünland genügt hierfür nicht. Nur wenn der Pächter davon ausgehen kann, dass der Verpächter mit einer Rückgabe des Pachtgegenstandes als Grünland einverstanden ist, ist vom Verpächter zu verlangen, dass er auf eine Vermeidung des Dauergrünlandstatus aktiv hinwirkt, oder zumindest den Pächter hierzu zu einem geeigneten Zeitpunkt während der Pachtung anhält.

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